Unzählige Blicke begegnen mir Tag für Tag: freundliche und aufmunternde, vielleicht auch abschätzige und kalte. Manchen Blicken weiche ich aus, ducke mich weg. In anderen sonne ich mich. Manchmal verfängt sich mein Blick im Gestern, und ich wollte doch eigentlich hinter mir lassen, was war. Manchmal sehe ich die Herausforderungen von morgen und habe nicht den Mut, das Neue zu wagen. Manchmal übersehe ich die, die meine Aufmerksamkeit brauchen, und wollte doch eigentlich genau hinschauen. Aber Du, Gott, siehst mir ins Herz. Du siehst mich und all die anderen. Du siehst selbst die, die vergessen sind. Dein Blick reicht hinein in den hintersten Winkel. Gott, wie gelingt es dir nur, mich auf so unvergleichliche Weise anzusehen? Dein Blick durchschaut mich und ist zugleich freundlich. Ich kann nichts verstecken und muss es auch nicht. Weil mein Leben in Deinem Blick geborgen ist. Dein Blick verändert alles. Auch mich. Ich kann loslassen, was war, und wagen, was kommt. Ich kann mich und diese Welt mit deinen Augen sehen: mit Augen einer Liebe, die größer ist als alles, was ich mir vorstellen kann.
Cornelius Kuttler
Liebe Leserinnen und Leser!
Zwei Jünger sind auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus. Sie sind enttäuscht und voller Fragen über die Ereignisse der letzten Tage. Der Tod Jesu hat ihre Hoffnung erschüttert. Doch auf diesem Weg gesellt sich Jesus zu ihnen, unerkannt.
Jesus erklärt den Jüngern die Schrift und zeigt ihnen den roten Faden von Gottes Wirken. Am Ende ihrer Tagesreise gehen die Jünger den entscheidenden Schritt. Sie laden Jesus ein: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden.“ Diese Einladung veränderte alles. Beim gemeinsamen Mahl erkennen sie ihn. Erst im Rückblick, nach seiner Offenbarung beim Brotbrechen, erkennen sie: „Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete?“ (Lukas 24,32)Dieses brennende Herz ist mehr als Emotion. Die Jünger sind tief berührt und erkennen die Wahrheit Gottes.
Auch wir kennen Momente, in denen unser Herz „brennt“: Wenn wir Gottes Wort hören und es uns wie ein Schlüssel zum Verständnis unseres Lebens erscheint. Oder wenn wir in schwierigen Zeiten Trost und Hoffnung durch den Glauben finden. Das sind Zeichen der Nähe Gottes, dass Gott uns wie die Jünger nicht allein lässt. Diese Geschichte zeigt: Jesus begleitet uns gerade dann, wenn wir ihn am wenigsten erkennen – in Momenten der Zweifel, der Trauer oder des Scheiterns.
Wie oft erkennen auch wir erst im Nachhinein, dass Gott uns auf schwierigen Wegen begleitete oder durch Menschen und Ereignisse zu uns sprach? Die Emmausgeschichte lädt uns ein, wachsam für seine Gegenwart in unserem Alltag zu sein und seinem Wort zu vertrauen. Denn wenn wir Gottes Wort lesen oder hören, können wir ähnliche Erfahrungen machen. Sein Wort kann unser Herz berühren und uns Orientierung geben. Doch wie bei den Jüngern braucht es manchmal Geduld und Offenheit, um seine Bedeutung zu verstehen. Dann ist es Zeit, ihn wie die Jünger einzuladen.Die Emmausgeschichte ermutigt uns: Auch wenn wir manchmal blind für Gottes Wirken sind, geht er doch an unserer Seite. Er möchte unsere Herzen entflammen – durch sein Wort, durch seine Nähe und durch die Gemeinschaft mit ihm.
Ihr/Euer York Schön
Photo von York Schön
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