Bezirk Aue​rbach

Rathenaustraße 5
08209 Auerbach

Jesus Christus spricht: »Lass dir an meiner Gnade genügen.«

2.Korinther 12, 9

Es ist nicht leicht, Schwäche zu zeigen, wenn von einem Leistung und Stärke erwartet wird. Um Hilfe zu bitten, davon zu reden, was man nicht schafft, ist alles andere als einfach. Was Paulus zu hören bekommt, als er sich in so einer Situation befindet, angefeindet von den Christen in Korinth, klingt wie eine unsensible Durchhalteparole: »Lass dir an meiner Gnade genügen. Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.«

Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Apostel an so einem Satz, den Jesus zu ihm gesprochen hat, zu kauen hatte. Seine Bitten um Heilung hatten nicht die Resonanz gefunden, die er sich gewünscht hatte. Die Leiden, von denen er geplagt war, vergingen nicht, obwohl er doch große Pläne mit dem Evangelium hatte. Vielleicht hätte er gerne ein dickes Fell, um die unberechtigten Vorwürfe der Gemeinde besser wegstecken zu können. Er konnte sich ja nicht, wie heute mancher kirchlicher Mitarbeiter, wegen Depressionen oder gar Burnout krankschreiben lassen.

Dabei tut es jedem Mitarbeiter im Gemeindedienst gut, wenn er für Korrekturen offen ist und nicht meint, er habe die Ausbildung, die anderen seien doch nur Laien, er habe die Fülle des Geistes Gottes und jegliche Kritik sei von daher unangebracht ... Paulus will nicht durchhalten im Wirbel der Vorwürfe, die aus Korinth auf ihn niederprasseln. Er will nicht mehr, aber auch nicht weniger, als am Glauben festhalten, so wie er ihn durch das Evangelium von Jesus selbst empfangen hat. Er kann nicht, ja er will nicht, dem Bild der Korinther vom eindrucksvollen, wundertuenden Apostel entsprechen.

Mit den Worten Jesu an den Apostel wird das Bild der korinthischen Gemeinde und auch so mancher Christen heutzutage vom geistlichen Amt regelrecht auf den Kopf gestellt. Gott geht es nicht um Glanz und Stärke, um Machterweise und kraftvolle Taten, sondern um Menschen, die sich in ihrer Schwachheit für ihn öffnen. »Ohne mich könnt ihr nichts tun«, sagt Jesus. Und damit meint er, dass wir nicht mehr sein können als leere, zerbrechliche Gefäße, die er füllen darf. Können wir uns diese Schwachheit zugestehen? Können wir sie den Mitarbeitern im Gemeindedienst zugestehen. Vielleicht ist darum mancher Mitarbeiter krank, weil er an den Ansprüchen der Gemeinde, der Kirche, an seine Person, an seine Fähigkeiten, an seine Stärken nicht entsprechen kann. Sind wir hier wirklich barmherzig - mit uns selbst, mit den Schwestern und Brüdern?

Dabei ist Paulus mit seinem Leben, seiner Wirksamkeit als Missionar, ein eindrucksvolles Beispiel, dass Gott gerade in der Schwachheit von Menschen, die wir zu vermeiden suchen, Außergewöhnliches wirkt. Keiner der damaligen Apostel hat so viele Menschenherzen mit dem Evangelium erreicht und für Christus gewonnen. Paulus hat durchaus beeindruckende Visionen und Glaubenserfahrungen gemacht, lebte als Charismatiker und gebrauchte Geistesgaben - aber alles das steht dem Wirken Gottes nicht entgegen.

Denn nicht Glanz und Stärke, nicht Wunder und großartige Argumente sollen Menschenherzen gewinnen, sondern die einfache und schlichte Liebe Jesu, erfahrbar auch in unserem Leben. Was im Alten Testament begann: der Hirtenjunge David besiegt den Kriegshelden und Riesen Goliath, was in der Geburt des Königs aller Könige in einem armseligen Stall im Provinznest Bethlehem seinen Höhepunkt erreichte, ist heute nicht außer Kraft gesetzt: Gottes Kraft wirkt in und durch die Schwachheit der Menschen, die ihm nachfolgen.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen gute Erfahrungen mit der Kraft Gottes im neuen Jahr 2012 und grüße Sie herzlich

Ihr

Joachim Schmiedel